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Jane E. Walters
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Zu früh...
Gepostet am 11. März 2020 um 19:20 |
Sie gingen spazieren.
Der Himmel wurde langsam grau, es begann zu dämmern und die Sonne, die auch tagsüber kaum zum Vorschein gekommen war, verschwand nun endgültig hinter den Häuserfassaden. Ein kalter Wind wehte durch die Straßen; die ersten Laternen flackerten auf.
Schon eine ganze Weile gingen sie nebeneinander her. Plauderten, redeten, erzählten sich Geschichten, lenkten ihre Schritte ohne festes Ziel mal hierhin und mal dorthin.
Irgendwann hatte er wie beiläufig ihre Hand genommen, seine Finger mit den ihren verschränkt und sie dadurch ein Stückchen näher an sich gezogen. Sie war verwirrt gewesen, hatte verlegen gelächelt, als sie seinen Blick bemerkt hatte, und hatte es doch tunlichst vermieden, ihm in die Augen zu sehen.
Sie genoss das Gefühl von Wärme und Geborgenheit, genoss die Nähe, die Sicherheit und Zärtlichkeit, mit der seine große Hand die ihre umschloss und sie so durch die Gassen führte. Genoss auch den Anflug von Verwegenheit, der ihr seither folgte wie ein Schatten.
Gleichzeitig hielt etwas sie zurück, hinderte ihre Muskeln daran, sich zu entspannen, loszulassen und ganz in seine Hand zu sinken. Trotz aller Zuneigung und allen Vertrauens war da eine leise Stimme, die sie daran erinnerte, dass sie ihn erst wenige Tage kannte, dass sie es doch besser wissen sollte, dass es bis jetzt noch immer schief gegangen war, wenn sie sich zu früh auf etwas eingelassen hatte.
Und doch fühlte es sich so gut an, neben ihm her zu wandeln.
Sie bogen um die Ecke. Farbtupfen auf dem Grünstreifen zwischen Gehweg und Fahrbahn.
"Oh, sieh nur!"
"Krokusse", lächelte er.
"Es ist noch viel zu früh."
"Stimmt", nickte er.
Dass sie damit ihre Hände und nicht die blasslila Blüten im schwindenden Licht gemeint hatte, ging an ihm vorüber.
Sonnenuntergangsinspiration
Gepostet am 23. September 2019 um 15:35 |
Pastelfarb'ne Sonnenuntergänge
Nebelverhangene Morgen
Kühle Schatten
Wärmende Sonne
Laues Lüftchen
Beißender Wind
Herbstzeitlosen im Moor
Letzte Blätter am Baum
Da! Ein Windstoß
schüttelt die Zweige
rüttelt am Aste
trägt es fort
das Blatt, das braune
Drachen im Wind
tanzt über volle Ähren
fliegt mit den Spatzen
wirbelt durch die Lüfte
vorbei an roten Äpfeln
reifen Trauben, Birnen, Feigen
landet auf Igels Winterbett.
Herbst.
(c) Jane 2019
P.S.: Das dazugehörige Foto findet ihr auf meiner Facebookseite und bei Instagramm unter #janeschreibt
Beinahe
Gepostet am 10. Juni 2019 um 10:55 |
Es war einer jener Momente, in denen man nur die Augen aufschlagen müsste, um den anderen mit den Wimpern zu streifen, oder die Lippen schürzen und das Kinn ein wenig recken, um den anderen zu küssen. Aber man macht es nicht. Stattdessen liegt man in einem Zustand wohliger Glückseligkeit, nimmt den Atem des anderen wahr und versucht, dieses Gefühl der freudigen Erwartung, das in diesem Beinahe-Kuss enthalten ist, so lange wie möglich zu erhalten.
2018/19
Frühling
Gepostet am 16. Mai 2019 um 5:25 |
Die Tage wieder länger
die Vögel kehren zurück
singen munter, bunter,
Hänschen im Glück.
Die Sonne wird stärker,
küsst das Gras und den Baum
küsst die Tiere, die Erde,
küsst alle, man merkt es kaum.
Und wer küsst mich?
18.04.2018
Schnee
Gepostet am 6. Februar 2019 um 7:35 |
Schnee
Heimlich, still und leise
fast schon gespenstisch in der Nacht,
hat sich die Welt - Wie weise! -
aus weichem Schnee ein Bett gemacht.
Hat sich ganz in Weiß gekleidet,
alle Konturen sanft verwischt,
und der blasse Mond, der weidet,
seine Schäfchen nun in weißer Gischt.
Das Totentuch der Natur.
Jedes Geräusch verschluckt.
Jeder Schritt gedämpft.
Jeder Sinneseindruck in Watte gehüllt.
Weiß und glitzernd im Sonnenlicht,nasskalt und grau im Nebel.
Atemwolken vor den Gesichtern,
dicke Schals über Nasen und Ohr,
Zeit für Kuscheldecken und Tee,
Zeit für Ruhe und lange Gespräche;
Wunderschön die klirrende Kälte,
behaglich warm die knisternde Kerze.
(c) Jane E. Walters
(2018/19)
Was uns zu Weihnachten fehlt
Gepostet am 23. Dezember 2018 um 21:05 |
Was uns zu Weihnachten fehlt
Der Schnee, den man noch aus Kindertagen kannte und der so untrennbar zu Weihnachten gehört, wie Kekse und "Stille Nacht";
Diese eine, kleine, scheinbar unbedeutende Zutat für das Weihnachtsessen, die laut Rezept zwar nur in sehr geringer Menge beigefügt werden muss, dem Gericht aber jene spezielle und fast schon feierliche Note gibt, auf die sich alle das ganze Jahr über freuen;
Die Geduld, alle Jahre wieder stundenlang die Lichterketten zu entwirren und auch
Die Selbstbeherrschung, sich nicht allzu laut über sich selbst zu ärgern, weil man entgegen der im Vorjahr gefassten Vorsätze eben nicht rechtzeitig das Lametta gebügelt hat;
Genau zwei Servietten, um die Festtafel einheitlich zu dekorieren, nachdem sich die Schwiegereltern nun doch dazu entschlossen haben, den Heiligabend mit den Enkelkindern zu verbringen;
Die Ruhe, um eben diesen Kindern zuzuhören, wenn sie mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen von ihren geheimsten, dem Christkind per Wunschzettel anvertrauten Träumen oder den Vorbereitungen zum Krippenspiel in der Schule erzählen;
All das, was uns auf der Reise durchs Leben abhanden gekommen ist, Menschen, Tiere, Dinge, die wir aus den Augen verloren haben, die sich uns entzogen haben, die wir zu selten sehen und die eine seltsame Leere hinterlassen haben;
Die Zeit, um sich in Ruhe hinzusetzen, in aller Stille und mit geschlossenen Augen in sich hineinzuhören und zu spüren, was war und was ist, was entsteht und was da kommt, was die Weihnacht bringt und was wirklich zählt.
(J)
Schönen Advent
Gepostet am 2. Dezember 2018 um 13:05 |
Schönen Advent, Julia!
Draußen schneit es leicht und ich sitze - mit Füller und Tagebuch bewaffnet - auf meinem Schreibtischstuhl direkt am Fenster. Ich liebe es, dem Herumflirren der Schneeflocken zuzusehen, diesem fröhlichen Treiben, dem unbeschwerten Schweben. Mir wird dann immer ein bisschen leichter ums Herz, wenn ich dieses Schauspiel ein Weilchen beobachtet habe...
(aus "J&C")
Fortsetzung...
Gepostet am 4. November 2018 um 10:05 |
... Es klang so exakt und fast schon unheimlich gleichzeitig, dass Jakob unwillkürlich den Kopf zwischen die Schultern zog, hastig über die Schwelle trat und dann rasch und beinahe verstohlen, so als könnte er bei etwas Verbotenem ertappt werden, die Tür hinter seinem Rücken ins Schloss drückte. Er blickte sich um. Der Raum war offenbar größer, als es den Anschein hatte, wirkte jedoch winzig, weil er bis in den letzten Winkel, bis in jede Ecke und bis hinauf unter die Decke vollgestellt war mit Uhren...
Etwas Neues
Gepostet am 1. Oktober 2018 um 16:05 |
Tick, tack, tick, tack...
Jakob vernahm das Geräusch, kaum dass er die Tür einen Spaltbreit aufgedrückt hatte. Eine Glocke oder etwas Ähnliches, die über der Tür hängend und leise bimmelnd die Ankunft eines Besuchers in anderen Läden dieser Art und Größe ankündigte, gab es hier nicht. Dafür empfing der Laden Jakob mit einem vielstimmigen, gleichmäßigen Ticken aus hunderten oder tausenden mechanischen Kehlen...
Träume
Gepostet am 21. April 2018 um 16:35 |
Er hatte so viele Pläne, Wünsche, Träume. Luftschlösser, errichtet auf dem Fundament eines Kartenhäuschens...
(aus "Fragemente")
...
Gepostet am 15. Februar 2018 um 15:30 |
Meine Schnürsenkel hatten gerade ohne mein Zutun jenen fünffachen Seemannsknoten zustande gebracht, den ich mit sieben Jahren einen ganzen Sommer lang vergeblich geübt hatte, und den ich nun ebenso vergeblich versuchte in unserem engen Hausflur kniend zu entwirren...
~ aus meinen Skizzen... ~
Weihnachtswanderung
Gepostet am 10. Dezember 2017 um 19:05 |
Ich gehe spazieren.
Zu meinen Füßen liegt die Stadt.
Hektisch und schrill, laut und grell,
mit all ihrem Jingle Bells und Hundegebell,
mit Lichterketten und „Nur 5 Euro statt zehn“
- ich werde weiter gehn.
Um meinen Bauch wabert der Nebel
weiß und dicht
undurchsichtig, unnachgiebig
so wie die Menschen, denen ich begegnet bin.
Er ist unendlich weit und versperrt mir den Blick
auf all das, was ich sowieso nicht sehen will.
Auf die Welt und das Geld,
die Konservenmusik und das Zelt
in dem der Weihnachtsmann Maroni brät.
Auf „Kling, Kassa, klingelingeling“
und auf „Sing, Münze, sing“
und die falsche Vorfreude, die alle verrät.
Mein Blick ist frei.
Er gleitet über den Nebel - in die Weite.
Mein Herz wird froh und mein Kopf leicht.
Weiter hinten leuchtet ein Licht.
Es ist freundlich und lächelt mir zu.
In mir wird es still.
Himmlische Ruh
Das muss der Weihnachtsfrieden sein,
denke ich, und mache die Augen zu.
Und um mich und in mir wird’s hell.
(2011)